Akzeleration (schnelleres Durchlaufen der Schule)
Überspringen von Klassenstufen
Überspringen einer Jahrgangsstufe in der Regelschule
Überspringen einer Jahrgangsstufe in der Regelschule
Wenn Kinder schon im Alter von vier oder fünf Jahren im Lesen und/oder Rechnen weiter sind als normale Erstklässler, sollte über eine vorzeitige Einschulung nachgedacht werden. Solche Kinder haben sich oft schon im Kindergarten meist ältere Kinder zum Spielen ausgewählt und drängen selbst darauf, endlich in die Schule gehen zu dürfen. Die Vor- und Nachteile einer vorzeitigen, aber auch einer Nichteinschulung für das betroffene Kind muss man sorgfältig gegeneinander abwägen.
Alle Kinder, die bis zum 31. August eines Jahres sechs Jahre alt werden, werden in diesem Jahr schulpflichtig. Das Anmeldeverfahren findet jeweils nach den Sommerferien des Vorjahres statt.
Keine Altersbegrenzung mehr für "Kann-Kinder"
Jüngere Kinder können die Schule besuchen, wenn aufgrund ihrer Entwicklung zu erwarten ist, dass sie mit Erfolg am Unterricht teilnehmen werden. Sie werden als „Kann-Kinder“ bezeichnet. Die Anmeldung dieser Kinder kann in der zweiten Februarhälfte vor Schuljahresbeginn erfolgen. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter im Benehmen mit der Schulärztin oder dem Schularzt.
Wenn es erforderlich erscheint, wird die Schulleitung vor der Aufnahme von Kann-Kindern Maßnahmen durchführen, um sich ein Bild von der Entwicklung des Kindes zu machen. Es ist z. B. sinnvoll, ein ausführliches Gespräch mit dem Kind zu führen und ggf. das Kind in Spielsituationen zu beobachten. Mit Zustimmung der Eltern sollen die Beobachtungen der Erzieherin oder des Erziehers im Kindergarten mit einbezogen werden. Die Ergebnisse von rein kognitiven Tests allein sind für eine Aufnahmeentscheidung nicht hinreichend. Die Teilnahme an einem solchen Test ist in jedem Falle freiwillig. Sollte die Schulleitung zu dem Ergebnis kommen, das Kind nicht aufzunehmen, so muss sie dies den Eltern bis zum 15. Juni schriftlich begründen.
Die Regelungen zur Einschulung sind in der Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen festgehalten.
Bei Kindern und Jugendlichen die dauerhaft Anzeichen von Unterforderung zeigen, sollte die Möglichkeit geprüft werden, ob das Überspringen einer Klasse angebracht ist. Ansonsten könnte es auch sein, dass die Leistungen wegen fehlender Lernmotivation immer schlechter werden. Durch das Überspringen einer Klasse können besonders begabte Kinder möglicherweise wieder mehr Freude am Lernen finden und ihre Leistungen sogar verbessern.
Schülerinnen und Schüler die eine Klasse überspringen wollen, sollten nicht nur in einem speziellen Bereich hochbegabt sein. Die Maßnahme sollte mit allen Beteiligten sorgfältig diskutiert werden.
Die Regelungen zum Überspringen sind in der Grundschulordnung und in der Übergreifenden Schulordnung für Schulen der Sekundarstufe I festgehalten:
Überspringen einer Klassenstufe
(1) Besonders begabten und leistungswilligen Schülerinnen und Schülern kann die Schulleiterin oder der Schulleiter das Überspringen einer Klassenstufe gestatten, wenn die Eltern oder die Klassenkonferenz im jeweiligen Einvernehmen einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Voraussetzung ist, dass die Schülerinnen und Schüler in ihren Leistungen deutlich über ihre Klasse hinausragen und ihre Arbeitsweise erwarten lässt, dass sie erfolgreich in der neuen Klassenstufe mitarbeiten können.
(2) Die Entscheidung darf nicht von einer Prüfung abhängig gemacht werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen so beraten und in der aufnehmenden Klasse so gefördert werden, dass sich die mit dem Überspringen verbundenen Schwierigkeiten möglichst verringern. Bei der Bewertung der Leistungen in der neuen Klassenstufe ist eine Nachholfrist bis zu einem halben Jahr einzuräumen.
(3) Ein Überspringen kann zum Schulhalbjahresende oder zum Schuljahresende erfolgen. Das Überspringen wird im Zeugnis vermerkt.
(4) Die Klassenstufe 10 der Realschule plus und der Integrierten Gesamtschule sowie das zweite Halbjahr der Jahrgangsstufe 10 des achtjährigen Bildungsgangs des Gymnasiums können nicht übersprungen werden. Für das Überspringen des zweiten Halbjahres der Klassenstufe 10 und des ersten Halbjahres der Jahrgangstufe 11 des neunjährigen Bildungsgangs des Gymnasiums und der Klassenstufe 10 des Gymnasiums gilt § 80 Abs. 11. Im Übrigen ist § 59 Abs. 2 Satz 1 SchulG zu beachten.
(5) Schülerinnen und Schüler, die die Klassenstufe 9 übersprungen haben, aber nach dem Besuch der Klassenstufe 10 den qualifizierten Sekundarabschluss I nicht erreichen, erwerben die Qualifikation der Berufsreife, wenn sie mit den Leistungen in der Klassenstufe 10 die Abschlussbestimmungen der Berufsreife erfüllen. In dem Abgangszeugnis wird vermerkt, dass es die Berufsreife verleiht.
§ 80 ÜSchO
(11) Für Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums, die gemäß § 41 die Klassenstufe 10 oder im neunjährigen Bildungsgang des Gymnasiums das zweite Halbjahr der Klassenstufe 10 und das Halbjahr 11/1 übersprungen haben, wird auf dem Abgangszeugnis der qualifizierte Sekundarabschluss I bescheinigt, wenn sie im neunjährigen Bildungsgang die Zulassung zur Jahrgangsstufe 12 erreicht haben oder im achtjährigen Bildungsgang am Ende der Jahrgangsstufe 11 ein Leistungsbild erreicht haben, das entsprechend Absatz 8 eine Zulassung zur Jahrgangsstufe 11 ermöglicht hätte. Wurde im neunjährigen Bildungsgang das zweite Halbjahr der Klassenstufe 10 und das Halbjahr 11/1 übersprungen, ist die Nachholfrist angemessen zu verkürzen, sodass die Notengebung für das Halbjahr 11/2 sichergestellt ist; für die Zulassung zum Eintritt in die Jahrgangsstufe 12 sind nur die Noten des Halbjahres 11/2 zu berücksichtigen.
§ 59 SchulG
(2) Eine Schule der Sekundarstufe II kann frühestens nach neun Schuljahren besucht werden. Bei besonders begabten Schülerinnen und Schülern kann diese Frist angemessen verkürzt werden.
Falls mehrere Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs für das Springen geeignet sind, empfiehlt es sich, sie gemeinsam in eine Klasse springen zu lassen. Eine Schule kann auch Maßnahmen ergreifen, um das Springen von Schülergruppen in bestimmten Jahrgangsstufen zu erleichtern.
Gruppenspringen von der Klassenstufe 5/1 in die Klassestufe 6/2
"Stellvertretend für verschiedene Varianten sei hier als Beispiel das Stufenkonzept für die Förderung des "Überspringens" von der Klasse 5/1 in die Klasse 6/2 am Maximilian-Kolbe-Gymnasium Wegberg angeführt.
1. Anmeldephase
• Anmeldung, Vermerke der Grundschule, Vorgespräche mit Eltern und SchülerInnen
2. Beobachtungsphase
• Beobachtung der SchülerInnen mit Hilfe von Beobachtungsbögen in 5/1 durch KlassenlehrerInnen und FachlehrerInnen
• Gespräche mit GrundschullehrerInnen
• erste Elterngespräche (mit der KlassenlehrerIn, der BeratungslehrerIn und dem Schulleiter) vor der Zeugniskonferenz
3. Beratungsphase in 5/1
• Auswertung der Beobachtungsbögen
• gezielte Beobachtungen
• Vorbereitung der Zeugniskonferenz
4. Empfehlung der Zeugniskonferenz in 5/1 (2. Beratungsphase)
• Empfehlung zur Teilnahme an gezielter Förderung
• Informationsgespräche der KlassenlehrerInnen mit Eltern und SchülerInnen
• Entscheidung der Eltern über Teilnahme des Kindes an gezielter Förderung
5. Beginn der Förderung in ausgewählten Fächern (Latein, Englisch, Mathematik)
• Einrichtung der Förderstunden in 5/2
• Auswahl der FörderlehrerInnen (zwingend FachlehrerInnen für Englisch und Latein, evtl. auch Mathematik)
• Beginn der Fördermaßnahmen in 5/2 mit einer Wochenstunde (fest im Stundenplan z.B. als 6. Stunde verankert) bei den FörderlehrerInnen (Zeitraum: nach der Zeugniskonferenz bis zu den Osterferien )
• Betreuung durch die FörderlehrerInnen
6. Entscheidung über Vorversetzung
• SchülerInnen entscheiden in 5/2 über die Vorversetzung nach den Osterferien
• juristisch verbindliche Entscheidung trifft Erprobungsstufenkonferenz auf Antrag der Eltern
7. Vorversetzung (nach den Osterferien)
• SchülerInnen erhalten Material aus nicht schriftlichen Fächern
8. Betreuung und Hilfe nach Vorversetzung
• Betreuung der SchülerInnen und deren Eltern durch die BeratungslehrerInnen
Dieses Konzept wurde von Frau Susanne Disoski, Beratungslehrerin am MKG Wegberg,erarbeitet."
[entnommen aus dem Text: StD Franz Josef Klingen: Das Drehtürmodell - ein individuelles Konzept der Begabtenförderung]
"Förderprogramm für begabte Schülerinnen und Schüler
Während allgemein und zu Recht an Schulen die besondere Unterstützung leistungsschwacher Jugendlicher als eine Selbstverständlichkeit erscheint, rückt in letzter Zeit wieder der Gedanke der Begabtenförderung im Zusammenhang mit einer möglichen Schulzeitverkürzung verstärkt ins Zentrum von Überlegungen.
So entwickelte das Land Rheinland-Pfalz das Programm BEGYS, das es besonders begabten Schülerinnen und Schülern ermöglicht, nach Klasse 6 in einer gesonderten Klasse das Abitur ein Jahr schneller zu erreichen. Sowohl bedingt durch unsere Schulstruktur als auch durch die damit zusammenhängende Problematik der Elitebildung beschloss unser Gymnasium, keine BEGYS-Klasse einzurichten.
Das Gymnasium Kirn bietet statt dessen ein Modell an, bei dem begabte Jugendliche nach dem ersten Halbjahr der Klasse 9 ins zweite Halbjahr der Klasse 10 springen können. Dieser Zeitpunkt erscheint uns geeigneter, da man einerseits in Klasse 9 Begabungen bei Schülerinnen und Schülern besser diagnostizieren kann als in Klasse 6 und andererseits nicht die komplette Klasse 10 auslässt mit dem Nachteil, direkt in die MSS zu springen. Die Jugendlichen, die am "Kirner Modell" teilnehmen können, werden auf der Zeugniskonferenz der Klassen 8 vorgeschlagen. Mit dem Einverständnis der Erziehungsberechtigten können sich die Schülerinnen und Schüler dann für diesen Weg entscheiden. Sie bekommen in einigen Fächern gesonderten Unterricht, der die fachlichen Lücken, die durch das Überspringen entstehen, auffangen soll. Die letztendliche Entscheidung des Überspringens fällt die Zeugniskonferenz nach dem Halbjahr 9/1.
In erster Linie wollen wir im "Kirner Modell" aber allen besonders begabten Jugendlichen aus Klasse 9, auch denjenigen, die nicht überspringen wollen, Zusatzunterricht anbieten, der als Additum zum gewöhnlichen Lehrstoff zu verstehen ist. Ein Aussteigen aus dem Förderprogramm ist jederzeit möglich.
Mit diesem Modell wird keine gesonderte Eliteklasse gebildet, um Schülerinnen und Schülern den schnelleren Weg zum Abitur zu ermöglichen. Die Jugendlichen verbleiben in ihrem Klassenverband bis Ende 9/1 und können dort ihre Begabungen fruchtbar einbringen. Mit dem "Kirner Modell" werden Schülerinnen und Schüler gleichermaßen gefördert; beim BEGYS-Modell hat sich herausgestellt, dass es entwicklungsbedingt vor allem Mädchen sind, die Ende der Klasse 6 durch besondere Leistungen auffallen.
Im Schuljahr 2001/2002 waren es drei Schüler von 13 geförderten, die sich entschieden haben, zwei Halbjahre zu überspringen, im Schuljahr 2002/2003 nahmen eine Schülerin und drei Schüler (von insgesamt 14) das Angebot der Acceleration wahr.
Im Schuljahr 2003/2004 nehmen 12 Jugendliche am "Kirner Modell" teil. Herr Frank (Mathematik, Physik), Herr Billerbeck (Mathematik) Frau Paas (Englisch) und Herr Schmidt (Chemie) bieten für sie, aber auch für zahlreiche weitere interessierte Jugendliche, Zusatzunterricht in den genannten Fächern an.
Sicherlich hat das "Kirner Modell" seine letztendliche Form noch nicht gefunden, bisher macht es aber einen erfolgversprechenden Eindruck.
Nicolas Frank"
[entnommen aus: Homepage des Gymnasiums Kirn]
Seit dem Schuljahr 1997/1998 können alle Gymnasien in Rheinland-Pfalz mit der Einrichtung von sogenannten "Projektklassen" nach dem BEGYS-Modell beginnen, sofern dies gewünscht wird und bestimmte Bedingungen erfüllt sind. BEGYS bedeutet "Begabtenförderung am Gymnasium mit Verkürzung der Schulzeit". Das Modell wendet sich an motivierte, leistungsfähige und leistungsbereite Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums. Von 1985 - 1996 wurde dieses Projekt in einem Schulversuch erprobt. Dabei wurden vielfältige Erfahrungen gesammelt.
Mittlerweile haben 13 Gymnasien diese "Projektklassen" eingerichtet. Stoffverteilungspläne und Stundentafeln liegen als Beispiele vor. Sie müssen der jeweiligen schulischen Situation angepasst werden. Die Orientierungsstufe soll als pädagogische Einheit erhalten bleiben und von äußeren Differenzierungen freigehalten werden.
Ab Klassenstufe 7 können mit Zustimmung der Eltern und auf Vorschlag durch die Klassenkonferenzen besonders motivierte leistungsbereite und leistungsfähige Schülerinnen und Schüler die Mittelstufe des Gymnasiums (Klasse 7 -10) um ein Jahr schneller durchlaufen. Dabei wird im Klassenverband die 9. Jahrgangsstufe übersprungen. Für Schülerinnen und Schüler, die in den Projektklassen nicht erfolgreich sind, ist ein Wechsel in die Regelklasse möglich.
Die Inhalte der Lehrpläne ändern sich nicht, werden aber dem verkürzten Durchlauf angepasst. Diese Kürzung der Unterrichtszeit rechtfertigt sich durch kürzere Übungs- und Wiederholungsphasen. Am Ende der 10. Klasse wird die Projektklasse aufgelöst. Alle Schülerinnen und Schüler absolvieren gemeinsam wieder die Oberstufe. Damit bleiben die Anforderungen zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife für alle Schülerinnen und Schüler identisch.
Die Einrichtung von Projektklassen hat keine nennenswerten Probleme mit sich gebracht. An den BEGYS-Schulen entwickeln sich Regelklassen nicht zu "Restklassen" und "Projektklassen" nicht zu elitären Zirkeln. Eine soziale Isolierung der "Projektklassenschülerinnen- und -schüler" ist nicht zu erkennen. "Projektklassenschülerinnen- und -schüler" zeichnen sich beim Übergang in die Oberstufe eher durch besonderes Verantwortungsgefühl aus und übernehmen in auffallend hoher Zahl soziale Aufgaben in den Lerngruppen.
Akzeleration gilt wissenschaftlich als das am besten erforschte Begabtenförderungsprinzip. In den "Projektklassen" ist im Wesentlichen kein größerer Leistungsdruck festzustellen, aber weniger Prüfungsangst und mehr Freude an Unterricht und Hausaufgaben sowie Zufriedenheit mit den gegebenen Noten. "Projektklassenschülerinnen - und schüler" fühlen sich in der Regel nicht überfordert, sondern verlangen eher von sich aus nach weiteren unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angeboten. Schulunlust kommt in "Projektklassen" weniger vor als in "Regelklassen"
Für ein erfolgreiches Durchlaufen der "Projektklassen" ist allerdings auch ein leistungsförderndes Lernumfeld notwendig, was gerade auch das Elternhaus betrifft.
Gymnasien mit BEGYS-Zügen:
ab 1997/98:
Nikolaus-von-Kues-Gymnasium
Peter-Kremer-Weg 4
54470 Bernkastel-Kues
Carl-Bosch-Gymnasium
Jägerstr. 9
67059 Ludwigshafen
Gymnasium auf dem Asterstein
Lehrhohl 50
56077 Koblenz
Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasium
Vincentiusstr. 5
67346 Speyer
Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium
August-Keiler-Str. 34
76726 Germersheim
Herzog-Johann-Gymnasium
Jakob-Kneip-Str. 21
55469 Simmern
Eleonoren-Gymnasium
Karlsplatz 3
67549 Worms
ab 1998/99:
TheresianumGymnasium des Johannesbundes e.V.
Oberer Laubenheimer Weg 58
55131 Mainz
Gymnasium Nieder-Olm
Karl-Sieben-Str. 38
55268 Nieder-Olm
ab 1999/2000:
Private Maria Ward Schule
Ballplatz 1 - 3
55116 Mainz
Albert-Einstein-Gymnasium
Parsevalplatz 2
67227 Frankenthal
ab 2001/2002:
Kopernikus-Gymnasium
Pirzenthaler Straße
57537 Wissen
Gymnasium Traben-Trarbach
Bernkasteler Weg 72
56841 Traben-Trarbach